Ultra-Low-Cost-Steuerung für Festbrennstoffkessel

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  • Moin Moin!


    Ich hatte vor einiger Zeit schon einmal eine Low-Cost-Steuerung für Festbrennstoffkessel (auch Holzvergaser) vorgestellt.

    Es ging um die Tech Master DE.200HG.

    Nachzulesen hier:


    Beim Holzvergaserkessel SL 18V vom Sächsischen Hersteller SL (http://www.sl-grossenhain.de) fiel mir eine Steuerung auf, die noch deutlich einfacher und kostengünstiger zu sein scheint.

    Der Hersteller nutzt einen einfachen PID-Einbau-Temperaturregler vom Hersteller Wachendorff (https://www.wachendorff-prozes…ssgeraete-und-pid-regler/) um Saugzuggebläse und Kesselpumpe anzusteuern.

    Die Funktion wird aus der Bedienungsanleitung des Kessels ab Seite 18 klar:

    Technische_Anleitung_SL-V.pdf


    Das Prinzip ist folgendes:

    Der Regler misst permanent die Abgastemperatur über einen Fühler (Pt100 und verschiedene Thermoelemente anschließbar).

    Die Kesselpumpe wird an einen Alarmausgang des Reglers angeschlossen, der als "Übertemperaturalarm" konfiguriert wird.

    Somit wird die Pumpe ab einer einstellbaren Temperatur ein- und ausgeschaltet.

    Ab Werk ist diese Temperatur auf 65°C voreingestellt.

    Wohlgemerkt Abgastemperatur - nicht Kesseltemperatur.

    Die Pumpe ist also bei Abgastemperaturen über 65°C immer an und unter 65°C aus.

    Das Gebläse wird nicht, wie man vermuten könnte, nach der Abgastemperatur drehzahlgeregelt, sondern es läuft immer mit voller Leistung oder ist aus (On/ Off- Betrieb) und wird an einen zweiten Alarmausgang des Reglers angeschlossen.

    Dieser zweite Alarmausgang ist konfiguriert als "invertierter Untertemperaturalarm mit Überbrückung" und werksseitig auf 30°C voreingestellt.

    "Invertierter Untertemperaturalarm" bedeutet, dass der Alarm unterhalb von z.B. 30°C ausgelöst wird und dabei das Relais öffnet (also abschaltet).

    Dadurch wäre das Gebläse oberhalb von 30°C Abgastemp. immer eingeschaltet und unterhalb von 30°C ausgeschaltet.

    Problem wäre hierbei der Start des Kessels, weil am Anfang die Abgastemperatur unter 30°C liegt und somit das Gebläse nicht anlaufen würde.

    Hier kommt die konfigurierbare "Überbrückung" ins Spiel.

    Diese sorgt dafür, dass der zweite Alarm nach dem Start des Reglers so lange unterdrückt wird, bis die Temperatur des ersten Alarmes einmal erreicht worden ist.

    Folglich läuft das Gebläse sofort nach dem Start des Reglers an und bleibt auf jeden Fall eingeschaltet, bis eine Abgastemp. von 65°C einmal erreicht wurde (Überbrückung).

    Von da an wird der "Invertierter Untertemperaturalarm" scharf geschaltet, der das Gebläse bei Unterschreitung von 30°C Abgastemp. ausschaltet.

    Beim Neuanzünden des Kessels muss der Regler kurz aus- u. eingeschaltet werden, um die Überbrückung neu zu aktivieren.

    Über die Temperaturschwellen, die hier vom Hersteller SL voreingestellt wurden, kann man sicherlich streiten.
    Aber man kann diese Werte ja ändern.


    Das ganze Prinzip hat ein paar große Schwächen:

    1. Die Drehzahl des Gebläses wird nicht geregelt. Dadurch ist eine feste Einstellung der Primärluft und damit der Abgastemp. über einen Luftschieber erforderlich.
    2. Eine Lambdaregelung erfolgt nicht - die Sekundärluft wird ebenfalls fest über einen Luftschieber eingestellt.
    3. Das Gebläse wird bei Übertemperatur nicht durch den Regler ausgeschaltet, sondern durch einen separaten Sicherheitstemperaturbegrenzer, der in einer Tauchhülse die Kesseltemperatur misst. Hier könnte z.B. ein 95°C-Clickson KSD9700 bzw. eines mit geringerer Temp. zum Einsatz kommen.
    4. Der Kessel kühlt nach dem Abbrand völlig aus (werksseitig eingestellt bis auf 30°C), da sich erst dann das Gebläse ausschaltet. Hier würde ich persönlich einen höheren Wert einstellen.
    5. Es gibt keine Temperaturdifferenzsteuerung der Pumpe in Abhängigkeit von Kesseltemp. und Puffertemp.


    Die Vorteile sind folgende:

    1. Einfachheit
    2. Sehr geringe Anschaffungskosten
    3. "Fire and forget" ist möglich. Man kann also den Kessel starten und muss danach als Bediener nicht weiter aktiv sein und nach Abbrandende schalten sich Pumpe und Gebläse selbstständig aus.
    4. Die aktuelle Abgastemperatur wird angezeigt, was Rückschlüsse auf den Verbrennungssatus und die Sauberkeit des Wärmetauschers zulässt.


    Ich konnte leider die genaue Typbezeichnung des Wachendorff-Reglers nicht herausfinden.

    Jedoch ergab die Onlinesuche, dass ähnliche Regler vom Hersteller etwas über 100€ kosten.
    Der Regler Pixsys ATR227 sieht dem Wachendorff-Regler, welcher im SL-Kessel verbaut ist, verblüffend ähnlich und scheint baugleich zu sein.

    Allerdings kostet dieser auch über 100€.

    Der chinesische Regler REX-C100 ermöglicht die gleiche Funktionalität und kostet nur ca. 15€.

    Teilweise ist sogar gleich noch ein Temperaturfühler und ein SSR-Relais (was man für diese Anwendung nicht benötigt) mit dabei.

    Bei der Parametrierung sollte man wissen, dass bei diesem Regler die Überbrückungsfunktion "Hold action" heißt.

    Hier die Bedienungsanleitung zum REX-C100:

    REX-C100.pdf

    Bitte auch bei der Bestellung beachten, dass es den REX-C100 in verschiedenen Subtypen gibt (verschiedene Versorgungsspannungen, mit/ohne Alarmausgänge, verschiedene Sensoreingangstypen --> siehe Kapitel 1 in der Anleitung).


    Ich empfehle diese Art der Kesselsteuerung auf Grund der genannten Nachteile ausdrücklich NICHT für den dauerhaften Betrieb.

    Folgende Anwendungsgebiete könnte ich mir vorstellen:

    1. Als Ersatzsteuerung, die man für den Notfall liegen hat und zur Überbrückung nutzt, falls die richtige Kesselsteuerung mal einen Defekt hat.
    2. Als Übergangslösung, wenn man in einen alten Kessel, der nur noch eine gewisse Zeit betrieben werden darf und eine Defekt an der originalen Steuerung aufweist, nicht mehr viel investieren möchte.

    Für den dauerhaften Betrieb würde ich mindestens die ganz oben genannte DE.200HG oder noch besser ein Lambdaregelung empfehlen.


    MfG Hans

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